Seit Jahren interessiere ich mich sehr für alles rund um das Thema Shoa, bereits als Jugendliche habe ich mich stark mit diesem Thema auseinandergesetzt. Auslöser hierfür war einer meiner Deutschlehrer, der selbst einiges Miterlebt hat. Allein dadurch wurde mir bewusst, dass ich in meinem Freundes- und Bekanntenkreis zwar alle möglichen Glaubensrichtungen versammelt habe, aber darunter keiner dem Judentum angehört. Um so mehr interessierte mich Lena Goreliks Buch „Lieber Mischa…der Du fast Schlomo Adolf Grinblum geheißen hättest, es tut mir so leid, dass ich Dir das nicht ersparen konnte: Du bist ein Jude. “ (was für ein Titel…).
Sehr angenehm und ruhig berichtet sie ihrem kleinen Sohn, was es mit dem Judentum auf sich hat, wie sie es selbst als Kind erlebt hat (und vorallem erst sehr spät erkannt hat, dass sie Jüdin ist) und wie weit entfernt man doch eigentlich von seinen eigenen Traditionen lebt. Eigentlich nicht anders als bei mir – als gebürtige Katholikin kenne ich vermutlich sehr wenig über die eigentlichen Traditionen und begehe auch kaum kirchliche Feiertage. Wie bereits in ihren vorherigen Romanen widmet sie sich dem Thema mit viel Heiterkeit, Humor und Lachen ihr Leben. Ob Verwandte mit ihren liebenswerten Eigenarten oder strengere jüdische Traditionen und Geschichte, alles findet seinen Platz. Und auch ein wenig Selbstironie darf nicht fehlen, so sollte der Sohn Schlomo Adolf Grinblum heißen. Gespickt mit vielen Anekdoten und Klischees, macht es wirklich Spaß in ihre Erzählweise abzutauchen und sich gar das Telefonat mit der klassischen jüdischen Mutter bildlich vorzustellen. Wobei das Telefonat stellenweise auch zwischen meiner Oma und mir ablaufen könnte 😉
Sehr liebenswert finde ich auch ihr Versprachen an ihren Sohn, keine echte jüdische Mama für ihn zu werden – zumal sie bereits eine Liste mit Fragen erstellt hat, die sie ihrem Sohn nie stellen will.
Was mich jedoch zum Nachdenken bewegt hat, waren sicherlich die Anekdoten über „Nicht-Juden“, die die Nähe zu jüdischen Mitmenschen suchen. Sei es in Kulturkreisen, Lesungen oder wo auch immer, um „Reue“ aufgrund der deutschen Geschichte zu zeigen. So bleibt mir besonders eine Anekdote aus Lena Goreliks WG-Zeiten im Kopf:
Eine von uns kam aus New York und hieß Camille und war etwas dick. Ich machte Witze über Fast Food und Bush und Camille zog mich damit auf, dass meine Mutter ständig anrief, ich sei ein richtig typisches jüdisches Mamakind. Da entschuldigte sich die deutsche Mitbewohnerin für Camille bei mir ob dieses Antisemitismus.
Regt meiner Meinung nach auf jeden Fall mit zum Nachdenken an Wie so viele Stellen aus Lena Goreliks Buch.
Von Lena Gorelik werde ich mir sicherlich noch das ein oder andere Buch zu Gemüte führen.
Lena Gorelik: Lieber Mischa
Hardcover
Verlag: Graf Verlag
Seiten: 192
ISBN: 978-3862200122