32/2012 Marie-Sabine Roger: Das Labyrinth der Wörter

Germain und Margueritte könnten nicht unterschiedlicher sein. Während Germain bei seiner Mutter als „Klotz am Bein“ aufwächst und entsprechend keine Liebe und Unterstützung erfährt, hat Margueritte Karriere gemacht und sich das Wissen der Welt mit Büchern angeeignet. Als der 45-jährige und die 86-jährige sich eines Tages im Park beim Taubenzählen kennenlernen sind beide erstaunt über diese doch recht ungewöhnliche Gemeinsamkeit. Fortan treffen sich die beiden regelmäßig im Park und entfliehen ihrer Einsamkeit und dem tristen Alltag. Kein Wunder, dass Germain bereits zu Beginn verkündet, dass er Margueritte als Oma adoptieren will.

Margueritte nimmt in Germains Leben eine entscheidende Rolle ein und zeigt ihm eine ganz neue Welt, als sie beginnt, ihm nach und nach aus Büchern vorzulesen und ihm die Bücher schenkt – jeweils mit Markierung der Stellen, die sie ihm vorgelesen hat. Und so beginnt Germain heimlich still und Leise, Bücher zu lesen und Unbekanntes im Wörterbuch – ebenfalls mit Hilfe von Margueritte – nachzuschlagen. Alle neuen Erkenntnisse lässt er sogar, als Erzähler der Handlung, mit einfließen.
Besonders faszinierend fand ich, dass Germain auch in seinem Freundeskreis plötzlich ganz anders angesehen wird und sich seine Beziehung zum Positiven weiterentwickelt.

Germain erzählt diese Geschichte mit so viel Gefühl, dass man sich den Riesen direkt bildlich vorstellen kann. Fast schon ein Kerl zum Knuddeln und Gernhaben. Sein begrenzter Wortschatz, der natürlich nach und nach anwächst, macht ihn dabei erst richtig symphathisch. Was mich persönlich zum Nachdenken angetrieben hat und mich am Schluss auch wahnsinnig traurig gemacht hat, ist dass Margueritte an der selben Krankheit leidet, wie meine Großmutter, die sich einer Behandlung unterzieht. Die Vorstellung nach und nach die Sehkraft zu verlieren und nicht mehr lesen zu können…

Marie-Sabine Roger: Das Labyrinth der Wörter
Taschenbuch

Verlag: DTV
Seiten: 224
ISBN-13: 978-3423212847

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