22/2011 Kai Hermann: Engel und Joe

Kai Hermann dürfte dem ein oder anderen vermutlich in Bezug auf Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo ein Begriff sein. Gemeinsam mit Horst Riek interviewte der die jugendliche und brachte die Geschichte 1978 als Buch heraus. Auch ich habe es erst kürzlich nochmals gelesen, weil man nach so vielen Jahren doch einiges vergisst. Engel und Joe ist sein einziges belletristisches Werk, doch auch dies spielt in der Berliner Ausreißerszene und beruht auf einer wahren Geschichte.  Vielleicht hat der ein oder andere von euch auch bereits den Film dazu gesehen mit Robert Stadlober in der Hauptrolle.
Ich kannte bisher weder den Film noch das Buch, wobei ich auf letzteres durch meine Recherche zu Christiane F. gestoßen bin.

Joe, eigentlich Johanna, doch so sie nur ihre Mutter und auch nur, wenn sie sauer auf Joe ist, ist 15 Jahre als und genießt  ihre Freiheiten so gut es nur geht. Dazu gehören auch gerne zerrissene Jeans und die ein oder andere Alkoholerfahrung. Als Joes Quasi-Stiefvater ihr eines Morgens eine scheuert, weil sie bis 4 Uhr Nachts weg war und dann auch noch mürrisch und unhöflich ist, und ihre eigene Mutter sich nicht auf ihre Seite stellt, haut Joe einfach ab. Und wohin geht man als jugendliche Ausreißerin in Berlin: erstmal auf den Alex. Auf dem Weg dorthin begegnet sie Engel zum ersten mal, als er von Polizisten verprügelt um ein wenig Kleingeld bittet, um sich einen Krankenwagen rufen zu können.

Später auf dem Alex entpuppt Engel sich als Retter in der Not. Während Joe von Glatzen herumgeschubst wird, schreitet er ein und nimmt sie anschließend mit zu sich und zwischen dem 17jährigen Punk und der 15-jährigen Ausreißerin entwickelt sich schnell mehr. Doch der jungen Liebe stehen einige Schwierigkeiten bevor, die bei Joes Mutter gerade erst anfangen.

Mein Fazit:

Wirklich gefesselt hat mich das Buch leider nicht. Sowohl Engel und Joe sind wirklich interessante Charaktere, über die man jeweils gerne mehr erfahren hätte, doch leider bleibt dies dem Leser eher verwehrt. Insgesamt wirkte die gesamte Geschichte auf mich doch eher platt, was vermutlich an der Erzählperspektive und der Jugendsprache liegt. An vielen Stellen hätte ich mir mehr Tiefgang gewünscht und dass die Protagonisten sich etwas intensiver mit den Problemen, die sich ergeben, auseinandersetzen. Aber da es sich um eine wahre Geschichte handelt, ist es immer schwierig genau an diesen Punkten Kritik zu üben.
Und natürlich darf man hier die eigentliche Zielgruppe nicht außer acht lassen, die eher im Alter zwischen 14 und 17 angesiedelt ist. Ich denke hier wird das Buch ganz anders ankommen und der für mich fehlende Tiefgang vermutlich etwas weniger vermisst.

Kai Hermann: Engel und Joe
Taschenbuch
Verlag: Carlsen Verlag GmbH; Auflage: 5 (August 2007)
Seiten: 304
ISBN-13: 978-3551356444

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21/2011 Emma Donoghue: Raum

Raum ist exakt 3,30 x 3,30 Meter lang und das Zuhause von Jack und seiner Mutter. Hier leben und kochen sie und machen regelmäßig Sport. Abends kommt Old Nick vorbei und bringt den Müll raus und leckere Lebensmittel vorbei. Und Sonntags dürfen Jack und seine Mutter sich immer ein Sonntagsgutti aussuchen, dass ihnen den Tag versüßt. Doch Old Nick hat Jack noch nie gesehen, denn immer bevor Old Nick zu Besuch kommt, versteckt sich Jack im Schrank und wird erst dann von seiner Mutter wieder herausgeholt, wenn Old Nick weg ist. Dann darf Jack in Mamas Bett schlafen.

Auf den ersten Blick ist Jack ein wahrlich normaler Junge, er spielt gerne, ist sehr kreativ und hilft seiner Mutter, wo er kann. Lesen, Schreiben und Rechnen hat er sogar auch schon gelernt. Doch eigentlich werden Jungs in seinem Alter nicht mehr von der Mutter gestillt. Doch was außerhalb von Raum alles vor sich geht, das ist Jack ein abolutes Rätsel, denn eigentlich kann er sich eien Welt außerhalb von Raum garnicht vorstellen – das muss doch alles im Fernsehen sein und garnicht „in echt“ so wie er und seine Mutter. Jack war noch nie in seinem Leben außerhalb von Raum und die Vorstellung, dass es da Bäume, Kinder, Flugzeuge und was auch sonst noch alles gibt. Als Ma mehr und mehr davon erzählt und dann auch noch sagt, dass sie auch mal ein Kind war, schwirrt Jack der Kopf und eigentlich will er nur seine Lieblingsbücher lesen. Alles andere interessiert ihn nicht. Doch das ist wahrlich nicht so einfach…

Mein Fazit:
Ich muss ehrlich sagen, dass ich zutiefst beeindruckt bin, von Emma Donoghues Roman und wirklich jedem nur empfehlen kann, ihn zu lesen.

Jacks Erzählweise mag zunächst wirklich befremdlich wirken, schließlich ist er gerade mal 5 Jahre alt, was sich an seiner Sprache durchaus bemerkbar macht, doch wirkt die gesamte Geschichte hierdurch absolut stimmig und zeigt uns ein tragisches Schicksal aus einer bemerkenswert anderen Perspektive. Als Leser neigt man so schon sehr früh zu Spekulationen, erlebt aber gleichzeitig auch, wie Jack keinen Raum für Spekulationen hat und Dinge in seinem kindlichen Gemüt einfach ausklammert oder sein Leben als absolut normal lebt. Ich mag an dieser Stelle auch nicht zu viel vorweg nehmen, um möglichen Lesern auch ja nicht die Spannung zu nehmen.

Lasst euch jedenfalls nicht von der Sprache abschrecken, dieser Roman ist es wirklich wert, sich darauf einzulassen!

Emma Donoghue: Raum
Hardcover
Verlag: Piper; Auflage: 2 (August 2011)
Seiten:
416
ISBN-13: 978-3492054669

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20/2011 Mark Haddon: The Curious Incident of the Dog in the Night-Time

Diese Rezension bezieht sich auf die originalsprachliche Fassung.

Christoper ist ein ganz besonderer Junge. Er kann einem auf den Tag genau sage, wie alt er ist, ist wirklich gut in Mathe und Physik und kann nicht lügen. Denn würde er einmal versuchen, eine Lüpge zu erzählen, fielen ihm direkt all die anderen Sachen ein, die er statt dieser einen Lüge erzählen könnte und das würde nur noch zu Verwirrung führen. Er hasst es im Auto seiner Mutter zu fahren, es graust ihn, gelbe oder braune Sachen zu sehen geschweige denn anzufasssen. Aber sieht er morgens auf dem Weg zur Schule gleich 4 rote Autos hintereinander, dann kann es nur ein Guter Tag werden.
Christopher ist Autist und als solcher tut er sich schwer in der Interaktion mit anderen Menschen. Körperkontakt ist ihm ein Graus und mit fremden Menschen Reden, tut er schonmal garnicht. Doch als der Nachbarshund eines Nachts ermordet wird, beschließt Christopher einmal ganz mutig zu sein – er will den Mörder finden und dabei entdeckt er noch so manch andere Dinge. Und genau davon erzählt er uns.

Mark Haddon gelingt es ganz hervorragend, uns die Gedankenwelt eines autistischen Jungen näher zu bringen. Wie nimmt er die Welt wahr, was kann er nicht einordnen und wie schwierig sind für ihn doch ganz alltägliche Dinge, die wir ohne darüber nachzudenken immer schon getan haben. Nicht so Christopher, für ihn ist die Entscheidung Detektiv zu spielen und darüber zu schreiben eine wahre Herausforderung. Und da seine Denkweise sich doch sehr von beispielsweise meiner eigenen unterscheidet, wundert es auch nicht, dass seine Geschichte so ganz anders aufgebaut ist, wie „normale“ Bücher.

Statt durchgehenden Kapitelzahlen greift Christopher auf die Primzahlen zurück und erklärt dabei auf sehr einfache Weise, was Primzahlen überhaupt sind. Immer wieder schweift er von seiner eigentlichen Handlung, der Suche nach dem Mörder des Hundes ab, um Dinge zu erzählen, die ihm in den Sinn kommen und sich zu erklären. Dies war glaube ich einer der größten Kritikpunkte, die ich in Rezensionen gesehen habe, die das Buch eher schlechter bewertet haben. Ich persönlich kann mich dem nicht anschließen. Natürlich ist man es als Leser gewohnt, möglichst flüssigen Erzählungen zu folgen, sich an einer Spannungskurve entlangzuhangeln und nachher ein plausibles Ende zu haben. Jegliche Einschübe können diese Spannung schonmal zerstören.

Ich selbst habe das Buch allerdings nicht als Krimi gelesen, in dem es um die Aufdeckung des Mordes an einem Hund geht und ich denke auch, dass dies nicht die Intention Mark Haddons war, als er dieses Buch geschrieben hat.
Ich selbst habe vielmehr Parallelen zu Filmen und Menschen gezogen, die ich kenne und hatte doch so manchen AHA Effekt, wenn Christopher sein Unverständnis gegenüber Metaphern o.ä. kundtat.

Ich persönlich fand das Buch wirklich sehr sehr gut, weil es einem doch eine neue Perspektive liefert und dabei nicht so aufdringlich oder klischeehaft wirkt. Daher: absolut empfehlenswert!!

Mark Haddon: The Curious Incident of the Dog in the Night-Time
Taschenbuch
Verlag: Random House UK; Auflage: Export ed (1. April 2004)
Seiten: 224
ISBN-13: 978-0099470434

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18/2011 Sandro Veronesi: XY

Ein weiteres Rezensionsexemplar von bloggdeinbuch.de ist nun in mein Regal gewandert. Diesmal wusste ich allerdings nicht, um welches Buch es sich handelt, denn man konnte sich auf eine Sneak Preview bewerben. Was mich dann erwartete war ein Thriller. Zumindest dachte ich das zunächst…

Beschreibung des Verlages

„Elf Leichen werden in einem verschneiten Bergdorf gefunden. Ein Pfarrer und eine Psychiaterin versuchen, dem Unfassbaren auf die Spur zu kommen. Mitreißend spürt Sandro Veronesi den Grundfragen von Schuld und Sühne, Gut und Böse, Vernunft und Glauben nach.

 Im verschneiten Wald nahe des Bergdorfs San Giuda werden die Leichen von elf Touristen gefunden. Die Autopsie der Leichen offenbart etwas Unfassbares: elf Leichen, elf Todesursachen. Mord und Selbstmord, Krebs und Herzinfarkt. Ein Opfer scheint dem Biss eines Haifisches erlegen zu sein. Nichts passt zusammen. Während die Behörden die unerklärlichen Details der Tragödie vertuschen, versuchen der Priester Don Ermete und die Psychologin Giovanna, das Rätsel zu lösen. Ihre Ermittlungen führen den Leser auf eine philosophische Reise in die Grenzgebiete unseres Verstandes.“

Doch nicht nur die elf Leichen geben Grund zum Rätseln auf. Denn auch Giovanna selbst hat an jenem Morgen, an dem die elf Personen auf so unterschiedlichste Weise ums Leben gekommen sind, ein merkwürdiges Erlebnis: Eine seit 15 Jahren verheilte Schnittwunde, die damals das Ende ihrer Sportlerkarriere einläutete, ist unverhofft wieder aufgebrochen und muss nochmals genäht werden. Als sich herausstellt, dass dies exakt zu dem Zeitpunkt geschehen ist, als die Uhren der Verstorbenen stehen geblieben sind, versteht auch sie die Welt nicht mehr.
Sind hier wirklich übernatürliche Kräfte am Werk? Oder wie sonst lassen sich all diese Zufälle erklären?

Mein Fazit

Puh, was soll ich dazu sagen? Veronesi gelingt es recht gut, Verwirrung zu stiften, was nicht zuletzt durch Kombination aus der Psychologin Giovanna und den Priester Don Ermete sowie den vielen irgendwie doch schräg wirkenden Kreaturen/Dorfbewohnern im Buch hervorgerufen wurde. Während des Lesens habe ich mich sogar dabei erwischt, dass ich mich gefragt habe, was ich hier eigentlich lese: Krimi/Thriller oder Science Fiction? Spannend fand ich es dennoch und irgendwie mag ich es auch, wenn ein Buch mich rätseln lässt. Aber wie viel Rätsel braucht der Mensch/Leser wirklich? Oft hatte ich das Gefühl, dass die Handlung einfach nur stockte, statt voranzuschreiten. Und auch das Ende war für mich alles andere als erfüllend. Gute Ansätze und ein flüssiger Erzählstil, der das Lesen ansich sehr angenehm machte, können jedoch nicht über das wirklich dürftige Ende hinwegtäuschen.

Sandro Veronesi: XY
Hardcover
Verlag: Klett-Cotta; Auflage: 1., Aufl. (August 2011)
Seiten: 393
ISBN-13: 978-3608939606

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17/2011 Patrick Süskind: Die Geschichte von Herrn Sommer

Herr Sommer ist ein eigenartiger Kauz, so weiß der junge Ich-Erzähler noch aus seiner Kindheit zu berichten. Von früh morgens bis spät abends treibt es ihn von Ort zu Ort, rund um den See. Egal welches Wetter herrscht und selbst bei schlimmsten Hagelsturm tragen ihn seine Füße und scheinen nicht anhalten zu wollen, es sei denn, es geht wirklich nicht anders. Selbst seine Frau, die Zuhause Puppen herstellt, sieht ihn kaum.
Angeblich leidet er an Klaustrophobie, heißt es im Ort. Dieses „Im-Freien-herumlaufen-müssen“ beeindruckt den Erzähler so allgemein, dass sich die wenigen Begegnungen mit diesem kauzigen Dorfbewohner in sein Gehirn eingebrannt haben, auch wenn er damals noch nichtmal Gymnasialschüler war. Als er eines Tages mit seinem Vater bei schlimmstem Hagelschauer im Auto unterwegs ist, bietet sein Vater dem Spaziergänger an, ihn nach Hause zu fahren und wird zunächst knallhart ignoriert. Nachdem er sich aber nicht abwimmeln lassen lässt, erhält er eine Reaktion: „Ja so laßt mich doch endlich in Frieden!“ Eine für den Erzähler einprägsame Aussage, an die er sich bei einer schicksalsträchtigen Begegnung im Wald hält.

„Die Geschichte von Herrn Sommer“ ist nach „Das Parfüm“ das zweite Werk von Patrik Süskind, welches ich gelesen habe und ich hab jeden einzelnen Satz wirklich genossen. Süskind erzählt mit einer wunderbaren Leichtigkeit, so dass das sicherlich nicht das letzte Werk Süskinds ist, das ich lesen werde.

Patrick Süskind: Die Geschichte von Herrn Sommer
Taschenbuch
Verlag: Diogenes Taschenbuch
Seiten: 136
ISBN-13: 978-3257226645

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16/2011 Colin Higgins: Harold und Maude

Auf einer Beerdigung – eines seiner skurrilen Hobbies –  sieht er eine ältere Dame, die, genau wie er selbst, scheinbar keinerlei Verbindung zu dem verstorbenen hatte. Stattdessen sitzt sie unter einem Baum und isst Wassermelone. Auf der nächsten Beerdigung kommen die beiden Beerdigungsfans ins Gespräch und nachdem Maude ausgerechnet Harolds Wagen geklaut hat, entwickelt sich zwischen dem ungleichen Paar mit einem Altersunterschied von 60 Jahren eine innige Freundschaft.

Ich habe mir das Buch von meinem Geburtstagsgeld gekauft, weil ich es unbedingt einmal lesen wollte. Den Film kenne ich bis heute nur aus Erzählungen, doch diese reizten mich genug, das Buch zur Hand zu nehmen.
Es ist eine wirklich schöne Geschichte von einem Paar, das unterschiedlicher nicht sein könnte. Maude ist herrlich schrullig und sehr lebensfroh kurz vor ihrem 80. Geburtstag.
Auch die Beziehung zwischen Harold und seiner Mutter hat mich des öfteren schmunzeln lassen. Ob die Mutter nun über eine Datingagentur 3 Heiratskandidatinnen ins Haus holt, die Harold alle mit seinen Scherzen vertreibt oder der hübsche E-Type Jaguar, den sie ihm schenkt, weil sie seinen Leichenwagen einfach nicht mehr sehen kann („Was sollen denn die Leute denken“) und Harold bastelt daran herum und macht aus dem grünen Jaguar einen tollen schwarzen Leichenwagen-Jaguar mit Samtvorhängen.

Ich habe das Buch tatsächlich an einem Abend durchgelesen!! Daher kann ich es jedem nur empfehlen.

Colin Higgins: Harold und Maude
Taschenbuch
Verlag: List Taschenbuch
Seiten: 260
ISBN-13: 9783548609188

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15/2011 Charlaine Harris: Dead in the Family

Diese Rezension bezieht sich auf die originalsprachliche Fassung.

Und wieder bin ich meiner Leserunde entwischt und habe im Sookie-Wahn den nächsten Band viel zu früh beendet. Aber es gibt leider ab und an einen Punkt, da kann/will man das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen.

Dieses Buch war eindeutig anders als alle Bände, die ich davor gelesen habe. Sookie selbst wirkt abgebrühter als früher und zweifelt häufig an ihren eigenen Gefühlen für Eric. Schließlich beeinflußt die Blutverbindung ihre Emotionen doch extremst.

Zum Inhalt:
Seit dem Feenkrieg ist nun einige Zeit vergangen und Sookies körperliche Verletzungen heilen langsam. Doch die psychischen Verletzungen scheinen sie tatsächlich verändert zu haben. Ihr Verhältnis zu Gewalt und Tod wirkt irgendwie abgeklärter.
Nachdem Amelia nun doch heimgekehrt ist, zieht Sookies Cousin Claude unverhofft bei ihr ein, was Eric nicht wirklich gefällt. Aber er muss sich damit arrangieren.
Bill selbst hat noch schwer mit seiner Eisenvergiftung zu kämpfen. Da seine Erzeugerin nicht mehr lebt, kann ihm wohl nur seine „Schwester“ helfen. Da er selbst nicht in die Gänge kommt, vermittelt Sookie hier, da sie ihn nicht leiden sehen kann.

Auch bei Eric ist einiges in Bewegung. Unverhofft erscheint sein Erzeuger gemeinsam mit seinem „Bruder“ Alexei Romanov (ja, genau der Romanov) und bittet Eric um Hilfe, denn der Jungvampir hat ein großes Problem, dass der Meister nicht in den Griff bekommt.

Wie üblich haben wir wieder einige Handlungsstränge, die hier nebeneinander verlaufen. Ab uns an würde ich mir wünschen, dass Charlaine Harris einzelne Dinge weiter vertiefen oder auch erst weiter verfolgen würde, wie beispielsweise die eigentlichen Gefühle, die Sookie für Eric hat. Es wird ein paar Mal kurz angedeutet, aber das reicht mir als Leser wirklich nicht. Ich persönlich hatte auch oft das Gefühl, dass nicht so recht Spannung aufkommen will, da ich nie wusste, was denn jetzt eigentlich die Haupterzählung an der ganzen Sache sein soll…

Charlaine Harris: Dead in the Family
Taschenbuch
Verlag: Ace

14/2011 Wolfgang Herrndorf: Tschick

Hoch gelobt wurde Wolfgang Herrndorfs 2010 erschienener Jugend-Romen „Tschick“, in dem sich die zwei scheinbar sehr unterschiedlichen Jugendlichen Tschick und Maik auf eine Ferienreise durch die deutsche Provinz machen… noch dazu in einem geklauten Lada.

Mit einem Blick auf meine aktuelle Challenge war schnell klar, dass auch ich diesen Roman einmal lesen muss. (Ok, so groß war der Zwang jetzt nicht).

Zum Inhalt:
Wir stolpern Maik am Ende seiner Reise über die Füße, als er gerade voller Blut, schwer verwundet und eingenässt auf der Wache der Autobahnpolizei zusammenbricht. Kein schöner Anblick, der sich einem da bieten mag. Aber wie um alles in der Welt ist Maik nur so zugerichtet worden?

Und so beginnt Maik von seinem Leben zu erzählen: Maik ist ein mehr als unauffälliger Schüler ohne Freunde. Denn sein einziger Freund ist aus Berlin aufs Land gezogen und studiert dort lieber Vögel als „normale“ Sachen zu machen. Und so wird Maik nichtmal zu der großen Geburtstagsfeier seiner Angebeteten eingeladen, auf die er sich schon so gefreut hat.
Die Sommerferien beginnen und Maiks Mutter entschwindet erstmal in die Beautyfarm (=Entzugsklinik) und Maiks Vater auf eine 2-wöchige Geschäftsreise mit der leichtbekleideten „Sekretärin“. Maik ist also auf sich alleine gestellt, bis abends der neue Mitschüler Tschick auftaucht. Und gemeinsam machen Sie sich mit einem geklauten Lada auf den Weg in die Wallachei, auch wenn Maik davon überzeugt ist, dass es die garnicht gibt. Ohne Karte, ohne Kompass, hauptsache gen Süden. Und wenn man nicht weiß, wo Süden ist, fährt man halt immer abwechselnd links und rechts.

Selbstverständlich muss auf dieser Reise einiges schiefgehen, was bereits mit dem Thema Tanken anfängt. Denn welcher Tankwart würde nicht seltsam gucken, wenn zwei 8.-Klässler tanken wollen. Also muss dann wohl Benzin von einem anderen Auto geklaut werden.
Auf ihrer Irrfahrt durch die Provinz lernen sie Isa kennen, die auf ihre eigene Art ein Auge auf Maik geworfen hat, sind zu Gast bei einer sehr ländlich lebenden Familie und lernen, dass man in der Schule zwar immer vor bösen Menschen gewarnt wird, aber eigentlich auch mal lernen sollte, dass es auch wirklich herzensgute Menschen gibt, die auch noch ihre Hilfe anbieten, wenn man sie um 4 Uhr Nachts aus dem Bett klingelt und ein fiktives Gespäch mit ihnen führt.
Zwischendurch werden sie auch noch angeschosse, überschlagen sich mit dem Auto, rasen in einen Schweinelaster und und und… schließlich will ich nicht zu viel vorwegnehmen

Tschick! war eine wirklich kurzweilige Lektüre, die mich hin und wieder zum Schmunzeln und zum Nachdenken gebracht hat, denn ich wäre erst recht zu feige gewesen, mich auf eine Tour mit einem geklauten Auto einzulassen… Erwachsenwerden ist aber schon nicht leicht, oder?

Ich kann es aber jedem wirklich nur empfehlen!!

Wolfgang Herrndorf: Tschick!
Hardcover
Verlag: Rowohlt Berlin  (2010)
Seiten: 254
ISBN-13: 9783871347108

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13/2011 Wells Tower: Alles zerstört, alles verbrannt

Es ist soweit, endlich kommt das „Best Book of the Year 2009“ auch bei uns in die Buchhandlungen und ist damit auch das erste Buch überhaupt, das von Wells Tower auf Deutsch erscheint. Bisher ist mir der Name ausschließlich in der Liste „20  under 40“ über den Weg gelaufen, weswegen ich mich gefreut habe, als ich das Rezensionsexemplar von literture.de erhalten habe.

Nachdem seine Erzählungen unter anderem in The New Yorker und The Paris Review veröffentlicht und mehrfach ausgezeichnet wurden, können auch wir uns daran erfreuen und seine einzigartigen Charaktere kennenlernen.

Was erwartet uns hier also:
Bob Munroe, ein Schreiner, der durch eine zu klein geratene Treppenstufe alles verloren hat und zunächst einmal das Haus seines Onkels renovieren soll, auch wenn er hier eigentlich keine Lust zu hat. Doch mit den Nachbarn kann man angenehm die Zeit verbringen und nebenbei das Aquarium aufstocken. Bis der große Knall kommt…
Eine andere Erzählung führt uns auf den Rummel, auf dem ein kleiner Junge von einem Rummelplatzangestellten scheinbar missbraucht wurde, während sein Vater munter mit seinem Blind Date auf dem Riesenrad runden dreht. Zum Vorschein kommen hier unterschiedlichste Persönlichkeiten, die man auf einem Rummel treffen kann.

Das sind natürlich nur zwei exemplarische Erzählungen von vielen, die alle auf ihre eigene Art sowohl stilistisch als auch inhaltlich bestechen. Von absolut witzig bis hin zu traurig-depressiv zeigt Wells Tower, wie vielseitig er ist.

Fazit:
Man kann zu Recht mit hohen Erwartungen an dieses Buch herangehen und wird keinesfalls enttäuscht. Wie ich finde: Absolut lesenswert!!

Wells Tower: Alles zerstört, alles verbrannt
Taschenbuch
Verlag: Fischer  (12. August 2011)
Seiten:
256 Seiten
ISBN-13: 978-3100800312

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12/2011 Thomas Brussig: Wie es leuchtet

„Helden wie wir“ fand ich damals urkomisch und „Sonnenallee“ habe ich auch bereits mehrfach gesehen. Da war es irgendwie selbstverständlich, dass ich für die Challenge 20 deutsche Autoren auch auf Thomas Brussig zurückgreifen werde. Wie gut, dass ich „Wie es leuchtet“ bisher noch nicht gelesen hatte!

In Thomas Brussigs Romanen dreht sich alles rund um die DDR und die Wiedervereinigung. Und da ich zu Zeiten des Mauerfalls mit meinen gerade mal 8 Jahren nicht wirklich verstanden habe, was das bedeutet, abgesehen davon, dass ich in der DDR Verwandte hatte, die ich nicht kannte, lese ich hin und wieder gerne mal ein wenig über diesen Part der deutschen Geschichte.

Klappentext:
Das Leben ist ein Märchen, erzählt von einem Narren – der große Roman von Thomas Brussig, der zwischen den Sommern ’89 und ’90 spielt, ist dieser Shakespearschen Erkenntnis dicht auf den Fersen. Seien Sie darauf gefaßt, dem glücklichsten Menschen der Welt zu begegnen, sieben unvollendeten Transsexuellen, einem Fotografen, der nur mit geschlossenen Augen fotografiert, einem DDR-Bürgerrechtler im LSD-Rausch, Lena, der rollschuhlaufenden Jeanne d’Arc von Karl-Marx-Stadt – und vor allem darauf, dass beim Einsturz Lärm entsteht.

Mein Leseeindruck:
…auf das alles war ich also gefasst und freute mich auf einen weiteren Deutschlandroman. Bekam ich, was mir versprochen wurde?
Gemeinsam mit verschiedenen Charakteren erleben wir die Zeit des „Rübermachens“, der Montagsdemonstrationen und des Mauerfalls. Wiedervereinigung ist in aller Munde und jeder hat seine eigene Art, mit den neuen Erfahrungen umzugehen. Sei es Lena, die Physiotherapeutin, die aus angestauter Wut einen Liedtext schreibt, das Lied aufnimmt und über Nacht zum Sternchen des Mauerfalls wird. Oder ihr „Bruder“, ein begnadeter Fotograf, der nie hinschaut, wenn er ein Foto macht – schließlich passieren die wichtigsten Dinge im Leben, wenn keiner hinschaut.
Besonders schön fand ich es, dass hier wirklich verschiedenste Schicksale, Altersklassen und Persönlichkeiten widergespiegelt wurden und man so ein etwas abgerundeteres Bild der Zeit bekommt.
Anstrengend hingegen fand ich es, in dieses Buch hineinzukommen. Dadurch, dass man recht häufig zwischen den Charakteren hin und her springt und sich auch zum Schluss hin keine wirkliche Verbindung zwischen allen Charakteren herstellt, hab zumindest ich das Gefühl, das mir hier doch etwas fehlt.
Auf der anderen Seite sind es hierfür vermutlich auch zu viele Charaktere, die ihre eigenen Wege gehen.

Was mir aber besonders gefallen hat war die blinde Teilnehmerin einer Führung durch die Liebermann-Ausstellung. Zu Beginn treffen wir die Dame, die die Führung übernimmt. Ihrem jungen Liebhaber berichtet sie von dem Erlebnis mit der Blinden, die sie dauernd verbessert hat und über die Farbkomposition etc. gesprochen hat, als würde sie das alles wirklich sehen. Wie in „Versteckte Kamera“ würde sie sich vorkommen. Doch eine Auflösung fehlte.
Gegen Ende des Romans ist es genau diese Blinde, die sich ein Arzt aus Münster ausgesucht hat, um ihr das Sehvermögen zu schenken – sein Bruder Leo Lattke, ein absolut von sich selbst überzeugter Journalist berichtet darber und wähnt die „Story seines Lebens“.

Es ist wirklich schwierig, die einzelnen Handlungsstränge hier aufzuführen. Nachher würde ich noch zu viel von dem Buch erzählen, als dass es jemand lesen möchte

Fazit:
Auf jeden Fall lesenswert für alle, die sich hin und wieder gerne mit dem Thema DDR/Wiedervereinigung auseinandersetzen möchten!

Thomas Brussig: Wie es leuchtet
Taschenbuch
Verlag: Fischer  (20. Juli 2006)
Seiten:
608 Seiten
ISBN-13: 978-3596157990

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