18/2012 Cornelia Travnicek: Chucks

Ein Buch mit dem Titel meiner Lieblingsschuhe, welche ich in Büro und Freizeit quasi dauernd trage. Was will man mehr?
An diesen Schuhen hängen für Mae ganz spezielle Erinnerungen… in Gedenken an ihren viel zu früh an Krebs verstorbenen Bruder trägt Mae diese Schuhe seit ihre Mutter ihr diese an den Kopf geworfen hat tagtäglich. Von den knalligroten Schuhen, welche ihr Bruder im Krankenhaus geschenkt bekam hat, ist nicht mehr allzuviel übrig, die Sohle löst sich, es wurde draufgeschrieben… was man halt mit solchen Schuhen so macht.

Durch den Tod ihres Bruders zerbröckelt nach und nach Maes gesamte Familie. Und wo früher Vater, Mutter und zwei Kinder lebten bleiben schließlich nur noch Mae und ihre Mutter, die sich nichts mehr zu sagen haben. In ihrer Trauer entfremden sich die beiden immer mehr, so dass Mae ihren eigenen Weg sucht, mit ihrer Trauer umzugehen. Doch ganz verschwinden kann diese nicht – man kann nur lernen, damit zu leben.
Auf der Straße lernt Mae den Punk Mara kennen, die eigentlich Geld oder Zigaretten erschnorren will. Doch Mae gibt ihr lieber ein Eis aus – ist ja schließlich ein warmer Tag. Fortan hat Mae ihren eigenen Punk und beobachtet fasziniert diese neue Welt, die sich vor ihren Augen auftut. Schule wird uninteressant und was die Mutter einem Zuhause sagt wird nicht mehr wahrgenommen. Schließlich beendet Mae nach der Pflichtschulzeit aus eigenem Antrieb die Schule – sehr zum Leidwesen ihrer Eltern – und verbringt mehr und mehr Zeit auf der Straße. Doch gänzlich rutscht Mae hier nie ab: wo Mara sich fast einen goldenen Schuss setzt, scheint Mae harte Drogen nicht selbst zu probieren. Stattdessen liest sie lieber in den Bibliotheksbüchern während Mara um Geld betteln geht oder hört hier und da Vorlesungen an der Uni, in welche sie sich hineinschummelt.
Nach einer Handgreiflichkeit muss Mae Sozialstunden in einer Aids-Hilfe leisten – doch sowohl ihr Bewährungshelfer als auch der Job selbst nerven sie mehr, als dass sie daraus direkt lernt. Nein, sie verhält sich sogar gegenüber den Hilfesuchenden ziemlich daneben. Bis ihr eines Tages der kranke Paul vor die Füße fällt und sie vom ersten Moment an bezaubert. Das erste Mal spürt Mae Liebe in sich aufkommen. Doch Pauls Krankheit wirft einen Schatten auf die Beziehung und der Tod ist immer gegenwärtig.

Mein Fazit:
Versucht man den Inhalt zusammenzufassen, so kommt schnell der Verdacht auf, es handle sich mal wieder um einen Roman über eine durch einen tragischen Zwischenfall komplett aus der Bahn geworfene jungen Menschen, der am Ende geläutert wird und sein Leben wieder in den Griff bekommt. Doch Cornelia Travnicek geht keinesfalls mit erhobenem Zeigefinger auf uns Leser los und bedient keines der bekannten Klischees. Ehrlich gesagt habe ich als Leser Maes Lebensumstände nie als verwerflich oder wirklich negativ gezeichnet wahrgenommen, auch wenn die Grundstimmung keineswegs auf Sonnenschein, Blümchen und und und schließen lässt. Travnicek gelingt es hervorragend, Mae und ihre Gedankenwelt zu verbildlichen, wobei auch gerade unausgesprochene Dinge – die kleinen Informationen zwischen den Zeilen, zur Gesamtstimmung des Romans beitragen. Und ob es ein Happy End gibt… fraglich. Doch darauf kommt es hier wirklich nicht an.
Die häufigen Zeitsprünge würden mich während des Lesens normalerweise absolut stören, da man in vielen Romanen und Erzählungen eine Weile braucht, um sich zu sortieren. Doch hier nicht. Es fügt sich alles ganz natürlich in den Erzählfluss ein.

Aus meiner Sicht: Absolut lesenswert!!

Cornelia Travnicek: Chucks
Taschenbuch
Verlag: Deutsche Verlags-Anstalt
Seiten: 192
ISBN: 978-3421045263

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